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WAZ 22.10.2008

Erste Schritte in Richtung Ganztagsschule ab Klasse 5 stellen Politik und Verwaltung nun. Übermittag- und Betreuungsangebote soll es ab 2009 verstärkt geben.

WeichenstellungCan (15) kennt gar nichts anderes: Seit er zur Schule geht, geht die immer bis zum Nachmittag. „Ich wüsste gar nicht, was ich mittags zuhause machen soll!” wundert er sich über den eher kurzen, „normalen” Schulalltag anderer Schüler. Aber seine Schule, die Laborschule in Bielefeld, war schon immer anders.
Doch in gar nicht so ferner Zukunft wird auch für Gladbecker Schüler ab Klasse 5 der Verbleib in der Schule bis zum Nachmittag der Normalfall sein. Denn die Weichen werden unweigerlich in Richtung Ganztagsschule gestellt. Zum einen von der CDU/FDP Landesregierung, die dies im Rahmen einer Offensive vorantreibt. Zum anderen durch den Bedarf, den berufstätige Eltern an einer Betreuung ihrer Kinder auch nach der Grundschulzeit haben. Und zum dritten dadurch, dass an den Gymnasien durch das Abi in zwölf Jahren der Unterricht so verdichtet wurde, dass das Lehrpensum ohne mindestens zwei Unterrichtsnachmittage gar nicht zu stemmen ist.
Und so stellen auch Politik und Stadtverwaltung nun die Weichen in Richtung Ganztagsschule ab Klasse 5 an den weiter führenden Schulen. Allerdings: Behutsam, kann man sagen. Oder auch: Im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten. Nach Wunsch der Landesregierung soll zunächst von jeder Schulform mindestens eine den gebundenen Ganztagsbetrieb (das heißt für alle Schüler verpflichtend) anbieten. Da ist Gladbeck schon jetzt gar nicht so schlecht aufgestellt mit der Erich-Kästner- als gebundene Ganztags-Realschule und der Erich-Fried- als eben solche verpflichtende Ganztags-Hauptschule. Und die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule ist sowieso in Ganztagsform.
Was bislang fehlt: Ein Gymnasium, an dem alle Schüler bis zum Nachmittag bleiben müssen. Aber „das will auch keines der drei Gymnasien”, erfuhr der Schulausschuss von der Verwaltung, die eine entsprechende Abfrage durchgeführt hatte. Die Schulkonferenzen erteilten der Vorstellung der Landesregierung eine deutliche Absage. Die Gründe dafür nannte der Schulleiter des Rats-Gymnasiums, Manfred Lauffs: „Viele unserer Schüler und auch deren Eltern wollen nicht, dass sie mittags in der Schule bleiben, selbst wenn sie nachmittags noch einmal Unterricht haben.” Stefan Sabbadin vom Schulamt bestätigt diese Tendenz auch für das Heisenberg- und Riesener-Gymnasium.
Was nicht heißt, dass es keinen Bedarf an einem Übermittag- und Nachmittagsbetreuungsangebot gibt. Dies wurde nämlich auch an allen weiterführenden Schulen abgefragt und es kommen beachtliche Zahlen zusammen: 200 Schüler meldete u.a. die Anne-Frank-Realschule, 180 Werner-v.-Siemens, 200 das Heisenberg-, 180 das Riesener- und 100 das Rats–Gymnasium.
Dieser Elternwunsch soll an allen Schulen langfristig auch umgesetzt werden, sind Politik, Schulverwaltung und die Landesregierung, die das auch mit Fördermitteln unterstützt, einer Meinung. Um die notwendigen baulichen Voraussetzungen zu schaffen, brauche man aber mindestens eine Million Euro, gab Schulausschussvorsitzender Dyhringer zu bedenken. Das ist mehr, als im Fördertopf des Landes vorhanden ist. Daher gibt es zunächst eine Minimallösung: Als erstes soll am Riesener-Gymnasium ein Ausbau für die Übermittagbetreuung erfolgen, (beantragte Fördermittel 377 000 Euro). Ebenso sollen Fröbel- und Roßheideschule Mittel (59 000 und 45 000 Euro) erhalten. Die Stadt muss einen Teil der Kosten außerdem selbst stemmen.